Die Brand Talks gehen auf Tour
Tag 2 der TYPO war gleichzeitig die Premiere von Brand Talks, einem Programm, das Marken und Agenturen auf der Bühne zusammenbringt und das als Brand-Day-Seminar durch Deutschland, Österreich und die Schweiz wandern wird, mit Fallstudien für Marken-Strategen und -Entscheider. Nächster Stopp ist am 27. 10 in Stuttgart. Zum Programm …
Marken haben nicht mehr die volle Kontrolle über ihr Image. Kunden sind gleichzeitig Teil der Marke und Konsumenten derselben, weshalb die Marken in der Verantwortung stehen, eine Identität zu schaffen, die gleichzeitig flexibel und zeitlos ist.
Michael Johnson begann die Brand-Talks-Reihe mit genau diesem Thema. Sein Appell an das Publikum: „Definieren Sie Ihre Marke, bevor Sie sie entwerfen.“ Er erklärte, dass bei Marken die Tendenz besteht, sich keine tieferen, bewussten Gedanken dazu zu machen, was die Markenidentität sein soll, und sofort mit dem Design zu beginnen.
Michael Johnson eröffnet die Marken-Talks. Bildrechte: Norman Posselt
Bei diesem Prozess stellt man sich grundlegende Fragen zur Marke. Was sind wir und wie machen wir es? Für wen sind wir da? Wie heben wir uns von der Konkurrenz ab? Was ist unsere Persönlichkeit? Und die wichtigste Frage: Wieso sind wir hier? „Wenn Sie keine Daseinsberechtigung haben“, so Johnson, „dann haben Sie ein Problem.“
Kunden merken es sofort, wenn dieser wichtige Schritt ausgelassen wurde. Ihre Marke „wird von allen mitgenommen und überall verbreitet“, sagte Heinrich Paravicini von Mutabor Design, „und sie muss dabei sie selbst bleiben.“ Eine Marke oder Kampagne, die nicht über die nötige Tiefe verfügt, überlebt in unserer vernetzten Welt nicht, in der sich negatives Feedback rasend schnell ausbreitet (siehe dazu das ewige Beispiel: Pepsi).
Paravicini beschreibt diese Herangehensweise beim Rebranding der Bundesliga. „Die Bundesliga musste internationale Bekanntschaft erreichen und das Design sollte Schritt halten“, so Paravicini. „Es musste flach, flexibel, schnell und ikonisch werden.“
Das Ergebnis ist eine neue, vereinfachte Markenidentität (samt neuer Schrift), die auf verschiedenen Endgeräten und in verschiedenen Sprachen verwendet und an die jeweiligen Vereinsfarben angepasst werden kann. Der Rebrand ist beliebig anwendbar, bleibt gleichzeitig einheitlich und wird sofort wiedererkannt – die Definition von zeitlos.
Das Beste vom Altbewährten übernehmen und modern machen
Marken und Designer müssen aber auch erkennen, wann sie bereits über etwas Ikonisches verfügen.
Justus Oehler von Pentagram erörterte die Neigung von Designern, etwas umzugestalten, nur weil sie die Macht dazu haben – auf Kosten der Beziehung zwischen Marke und Kunden. Stattdessen, so Oehler, „müssen Designer so weit wie möglich gute Designs schützen, bewahren und restaurieren. Wir Designer sollten wissen, dass gutes Design selten ist.“
Oehler berichtete von der jüngsten Zusammenarbeit zwischen Pentagram und Mastercard. Das Logo des Unternehmens hat einen der höchsten Wiedererkennungswerte weltweit, so Oehler, darum stellte sich an Pentagram die Herausforderung, den Look zu modernisieren, ohne dabei Bewährtes über Bord zu werfen.
Die Lösung war ein vereinfachtes Logo, das die charakteristischen sich überlagernden roten und gelben Kreise der Marke sowie die neue Schrift, die eigens von Monotype entwickelt wurde, hervorhebt. „Das Beste vom Altbewährten übernehmen und modern machen“, meinte Oehler, und das Mastercard-Projekt hat genau diese Zielsetzung erfüllt. Pentagram behielt das unverwechselbare Logo bei und sorgte für Flexibilität, sodass die Identität in allen digitalen Umgebungen, in Druckerzeugnissen und auf Schildern verwendet werden kann – überall dort, wo Mastercard vertreten ist.
„Corporate Design ist ein Schnappschuss der Zeit“, sagte Thomas Michelbach, Designer bei Strichpunkt. „Es ist eine Arbeit, die nie aufhört.“ Markenidentitäten wachsen und entwickeln sich mit der sich wandelnden Medienlandschaft und der Änderung des Kundenverhaltens. „Ihre Mitarbeiter und Fans sind Ihre besten Vermögenswerte“, so Rema Gouyez-Benallal von Kiehl’s. Sie stellte die Arbeit ihres Unternehmens für Olapic zur Entwicklung eines lebendigen, nutzergenerierten Content-Programms vor.
Jeder Redner auf der Veranstaltung wiederholte dieselbe Binsenweisheit: Im Grunde bedeutet gutes Branding die Schaffung echter, dauerhafter Bindungen zum Kunden. „Stellen Sie sich Marken als System vor, das von unten nach oben funktioniert und nicht von oben durch die Markenpolizei aufoktroyiert wird“, so Thomas Müller von Fjord, der letzte Redner des Tages. „Marken müssen aus der Kundenperspektive heraus entwickelt werden.“
Videos aller Brand Talks sowie zusätzliche Vorträge von der TYPO 2017 können auf der TYPO-Website aufgerufen werden.