Wegweiser durch die Schriftstile.
Wenn es um allgemein bekannte Schriftstile geht, denken die meisten Menschen an Sans, Serif, Script und vielleicht noch an Slab. Vier Schriftgenres wären einfach und leicht zu verstehen, aber sie würden das Design auch nicht wirklich spannend machen. Zum Glück gibt es ganz viel mehr Schriftklassen und Unterklassen, die es zu entdecken gilt.
In der Geschichte der Schrift gab es schon immer Versuche, die Vielfalt der Schriften zu klassifizieren. Manche Systeme basierten auf historische Epochen, andere auf den visuellen Eigenschaften einer Schrift, und wieder andere auf einer Kombination aus beidem. Eines der außergewöhnlichen Klassifizierungssysteme ist Official Vox/ATypI, eine Mischung aus historischen Begriffen und visuellen Attributen, dessen Unterstützung die ATypI 2021 allerdings wieder zurückzog. British Standard ist eine vereinfachte Version von Vox, während die Gerrit-Noordzij-Theorie besagt, dass jede Schrift auf das Handschrift-Werkzeug zurückgeführt werden kann, auf dem sie basiert. Sie alle eliminieren die Probleme der rein historischen Klassifizierungen, fallen aber in sich zusammen, wenn Schriften Merkmale außerhalb der vorgegebenen Parameter aufweisen.
Die meisten der Klassifizierungssysteme gelten entweder als veraltet, oder als zu subjektiv oder als verwirrend. Tatsächlich ist das Schriftdesign eine vielfältige Disziplin mit der Tendenz, neue Varianten zu kreieren. Viele zeitgenössische Schriften passen in keine der historischen Kategorien, sodass es inzwischen als unmöglich gilt, ein System zu entwickeln, das alle Spielarten des Schriftdesigns erfasst.
Ein Verständnis für die Geschichte des Schriftdesigns hilft Designerinnen und Designern allerdings, bessere Entscheidungen zu treffen, etwa bei der Kombination von Schriften oder bei der Suche nach dem richtigen Stil für ein Logo oder eine Beschriftung. Die Kenntnis der historischen Konnotationen bestimmter Stile oder einfach ihrer visuellen Merkmale kann bei solchen Jobs von unschätzbarem Wert sein.
Wenn Sie die grundlegende Klassifizierung verstehen, hilft Ihnen das auch weiter, subtilere Unterschiede innerhalb und außerhalb einer Stilklasse zu erkennen. Es hilft auch, wenn Sie Ihrem Auftraggeber die Wahl für eine Schrift begründen oder einen Exklusiventwurf in Auftrag geben. Und es bereichert ganz einfach Ihre Design-Kompetenz.
Anstatt die bestehenden Klassifizierungen zu interpretieren oder ein neues System zu entwickeln, versucht unser Leitfaden, die populärsten Stilbegriffe der Schriftenwelt zu entmystifizieren, damit Sie die meistgenutzten Bezeichnungen in der latein-basierten Typografie sicher verwenden können.
Serifs
Humanist
The first Roman type was derived from calligraphy, so the shape of letterforms is based on formal writing with a flat brush or a broad nib pen. The term Humanist has traditionally been used for serif typefaces, but nowadays there is also Humanist Sans.
Beispiele: Centaur, Adobe Jenson, Cloister, Guardi, Lutetia, Lynton, Stempel Schneidler
Garalde
Ein Kunstwort, zusammengebaut aus den Namen der zwei bedeutendsten Schriftschöpfern der Zeit zwischen dem späten 14. und dem 17. Jahrhundert, dem französischen Stempelschneider Claude Garamond und dem venezianischen Drucker Aldus Manutius. Im Deutschen auch französische Renaissance-Antiqua genannt. Die Unterklasse der Garamond-Schriften ist eine Weiterentwicklung der humanistischen Schriften und stehen noch immer unter dem Einfluss der formalen Kalligrafie. Zahlreiche technische Verbesserungen beim Druck und dem Stempelschneiden zu dieser Zeit erlaubten die Verfeinerung und Herstellung neuer Varianten, oder Wiederauflagen, die noch heute für den Satz von Büchern oder langen Texten eingesetzt werden. Sie laufen auch unter der Bezeichnung Aldine, nach Aldus Manutius. Im englischen Sprachraum hat sich auch Old-style durchgesetzt, wobei diese Bezeichnung auch gerne für alle humanistischen, Garalde- und Transitional-Schriften verwendet wird.
Merkmale: Raffinierte Proportionen, ein stärkerer Kontrast zwischen dick und dünn, aber in einem gemäßigteren Winkel, die Serifen haben eine definierte Form, der mittlere Strich des Kleinbuchstabens e ist horizontal.
Beispiele: Garamond, Bembo, Janson, Palatino, Galliard, Caslon, FS Brabo
Transitional
Auch: vorklassizistische Antiqua. Ende des 17. Jahrhunderts wollte Ludwig XIV. die Druckerei der französischen Regierung (die Imprimerie Royale) neu ausrichten, um einen Ersatz für Garamond zu finden und mit der Entwicklung und Qualität des Drucks in ganz Europa zu konkurrieren. Er beauftragte die französische Akademie der Wissenschaften, eine neue Schrift für ihn zu entwerfen. Das Ergebnis war die „Roman du Roi“: 86 Schnitte, die nach einem strengen System von Rastern, Mathematik und Technik entworfen wurden. Bekannte Schriftgestalter zu dieser Zeit waren John Baskerville, Simon Fournier und Christophe Plantin. Eine andere Bezeichnung für die Transitional ist Realist, hergeleitet vom spanischen Begriff für königlich, und auf die von Plantin für den spanischen König Phillip II. entworfene Schrift zurückgeht.
Merkmale: Der Kontrast ist noch stärker als bei den ersten beiden Gruppen. Die unterschiedliche Strichstärke zwischen den Vertikalen und Horizontalen ist stärker ausgeprägt, Haar- und Grundstriche sind unterschiedlich breit. Die Serifen sind flacher, und die Details sind sehr raffiniert. Transitional-Schriften sind leicht zu erkennen, wenn man sie als „Übergang“ zwischen Old-Style und den modernen Schriften betrachtet.
Beispiele: Baskerville, Fournier, FS Neruda, FS Sally, Joanna, Melior, Times
Didone
Auch: klassizistische Antiqua. Der Begriff Didone leitet sich von den Namen der Schriftgießereigründer Firmin Didot und Giambattista Bodoni ab. Sie waren beide begabte Handwerker und haben durch ihre berufliche Rivalität die Grenzen des Schriftdesigns, des Stempelschneidens und des Druckens verschoben. Auch bekannt als Modern – kein besonders hilfreicher Name, da er mit Adjektiven wie „modern“ oder „zeitgenössisch“ verwechselt werden kann.
Merkmale: Diese Schriften weisen extrem hohe Strichkontraste auf. Im Gegensatz zu den Serifenschriften der vorangegangenen Gruppen, die durch das Schreiben mit einer Breitfeder beeinflusst waren, sind die Didones durch das Schreiben mit einer spitzen, im 90-Grad-Winkel gehaltenen Feder beeinflusst, die sehr dünne horizontale Striche erzeugt. Der Kontrast ist komplett vertikal, die Serifen sind extrem dünn und ohne Kehlung (konkave Einbuchtung). Man könnte annehmen, dass dieser Stil für die 2020er-Jahren geschaffen wurde, aber in Wirklichkeit stammt er aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Beispiele: Ambroise, Arepo, Bodoni, Didot, FS Ostro, Walbaum, Scotch Roman
Slab
Es gibt viele verschiedene Bezeichnungen für die Klasse der seifenbetonten Schriften: Egyptienne, Clarendon, oder serifenbetonte Zeitungsantiqua. Alle verfügen über blockartige, kräftige, rechteckige Serifen und wurden ursprünglich geschaffen, um in der Werbung, auf Plakaten und in großformatigen Medien Aufmerksamkeit zu erregen. Sie verkörpern den Geist der industriellen Revolution zu Beginn des 19. Jahrhunderts und wurden speziell für die Verwendung in Großanzeigen entwickelt. Zu dieser Kategorie gehören die Schriften mit quadratischen, nicht gekehlten Serifen (Egyptienne) sowie die Gruppe mit gekehlten Serifen (Clarendon oder auch Ionic genannt).
Merkmale: Eine sehr große Mittellänge (x-Höhe) und geringer Strichkontrast, um die Fläche maximal auszufüllen. Abgesehen von dem offensichtlichen Unterschied in der Kehlung sind Egyptienne-Schriften in der Regel eckiger und mechanischer, während Clarendon-Schriften subtiler und sanfter wirken.
Beispiele: Memphis, Rockwell, Clarendon, Sentinel, FS Silas Slab, FS Clerkenwell, FS Rufus
Sans
Grotesque
Eine Form der Sans Serif, die im 19. Jahrhundert entstanden ist.
Merkmale: Da sie im Wesentlichen zu den frühen Entwicklungen der Sans-Schriften im Allgemeinen gehört, weist sie eine Reihe spezieller Merkmale auf. Dazu gehören variable Kontraste zwischen dick und dünn, die oft an seltsamen Stellen eingesetzt oder übertrieben werden und nichts mit der Logik kalligrafischer Kontraste zu tun haben. Die runden Formen und Innenräume sind kantig, die Enden oft horizontal oder nach innen gewölbt. Das G weist meistens einen Sporn auf, und manchmal ist der Abstrich vom R rüsselförmig.
Beispiele: Bureau Grot, Franklin Gothic, FS Meridian, Ideal Grotesk, Knockout, Schelter Grotesk, Venus
Neo-grotesque
Die Nachfolger der späten Grotesk-Schriften. Zu dieser Kategorie gehören einige der bis heute populärsten Sans-Schriften, darunter Univers und Helvetica (auch wenn die vielen digitalen Interpretationen unterschiedlichster Anbieter den Originalen nicht so nahe kommen, wie es auf den ersten Blick erscheint). Sie wurden mit dem Ziel der Einfachheit entworfen und sind auch die erste Familie mit einer großen Bandbreite an Strichstärken und Breiten, die für verschiedene Einsatzbereiche entwickelt wurden.
Merkmale: Wenig Kontrast und mehr Regelmäßigkeit und Konsistenz in den Proportionen und Formen. Im Gegensatz zu den Grotesk haben sie kein gesporntes G“ und das Kleinbuchstaben g ist bei der Unterlänge meist offen (einstöckig).
Beispiele: Helvetica, Univers, DIN, Bell Centennial, FS Elliot, FS Industrie, Folio
Geometric
Serifenlose Schriften, die aus einfachen geometrischen Formen aufgebaut sind. Geometrische Schriften scheinen einfach und leicht konstruiert zu sein, aber in Wirklichkeit gibt es viele subtile optische Anpassungen, damit die Formen rein und monolinear aussehen.
Merkmale: Sie haben in der Regel einen minimalen Kontrast und ihr Aufbau basiert auf sich wiederholenden Komponenten, wie Kreisen, Quadraten und Dreiecken. Meistens haben sie ein einstöckiges a und g, um die geometrische Einfachheit zu ergänzen.
Beispiele: Bank Gothic, Erbar, Eurostyle, FS Lucas, FS Dillon, Futura, Kabel
Humanist sans
Wie bereits erwähnt, sind die humanistischen Serifenschriften stark von der Breitfeder-Kalligrafie beeinflusst. Bei den humanistischen Sans ist das in vielerlei Hinsicht ähnlich: kalligrafische, meist freie Gestaltungselemente sowie leicht variierende Strichstärken.
Merkmale: Humanistische Sans weisen fast die gleichen Merkmale auf wie die humanistische Serif, natürlich ohne Serifen. Auch ihr Kontrast ist geringer, aber er ist immer noch sichtbar und oft schräg, nur nicht so ausgeprägt wie bei der klassischen humanistischen Serif. Die Proportionen orientieren sich an der klassischen Antiqua. Der kalligrafische Einfluss zeigt sich auch in der Konstruktion der Glyphen, den offenen Innenräumen, den Winkeln bei den Stricheinläufen und der Beliebtheit der doppelstöckigen Kleinbuchstaben a und g. Die unterschiedlichen Formen sind es, die Humanist Sans besser lesbar machen als die Grotesk oder die Geometrische Sans. Humanistische Sans-Schriften haben oft eine echte Kursive statt einer schräg gestellten Roman (Slant).
Beispiele: FS Millbank, FS Irwin, FS Siena, Gill Sans, Johnston, Optia, Scala Sans
Alles andere
Script
Scripts imitieren die menschliche Handschrift und erreichen ihr unterschiedliches Aussehen, indem sie die zugrundeliegenden Schreibwerkzeuge wie Pinsel, Marker oder spitze Federn simulieren.
Merkmale: Die Buchstaben sind mit miteinander verbunden und schräg gestellt, wie bei der Handschrift. Sie können förmlich auftreten, angelehnt an eine disziplinierte Schönschrift, oder locker. Bei vielen Script-Fonts müssen ihre Entwerferinnen und Entwerfer mehrere Versionen eines Buchstabens zeichnen, entweder um die Verbindung der Buchstaben durchzuhalten oder um den maschinellen Ursprung zu verschleiern, zum Beispiel bei Doppelbuchstaben.
Beispiele: Bello, Bickham Script, FS Shepton, FS Sammy, Mistral, Snell Roundhand, Zapfino
Grafisch
So ziemlich alles, was in kein anderes Etikett passt: Display, Ornamente, Dekoration, mehrere Ebenen, Textur, Schablone, Schatten.
Merkmale: Wenn Sie sich nicht sicher sind, was es ist, oder wenn es nicht so aussieht, als ob es auf einem Schreibwerkzeug oder einem geometrischen Prinzip basiert, sondern gezeichnet oder aus beliebigen Formen oder mit angewandten Effekten konstruiert aussieht, dann handelt es sich um einen raffinierten Lettering-Font. Sie werden im Allgemeinen für die Verwendung auf Plakaten, Verpackungen oder großen Headlines entwickelt.
Beispiele: Banco, Calypso, Fournier Le Jeune, FS Kitty, FS Pele, FS Pimlico Glow, FS Conrad
Fraktur
Im Englischen Blackletter genannt. Dieser Stil geht auf die mittelalterliche Handschrift der Mönche zurück, die der Mainzer Drucker Johannes Gutenberg im 15. Jahrhundert erstmals mit Einzelbuchstaben nachbaute und druckte. Weitere Fraktur-Schriften lehnten sich diese Tradition an. Gutenbergs Erfolg als Drucker steigerte die Popularität und die Verwendung der gebrochenen Schrift. Später wurde sie durch vereinfachte, besser lesbare Versionen ersetzt. Heutzutage sieht man sie immer noch auf den Etiketten von Bier- und Weinflaschen, im Metal- und Hip-Hop-Umfeld, aber auch im Modedesign. Spielformen der gebrochenen Schrift sind Schwabacher, Rotunda, Textura und Bastarda (Hybride).
Merkmale: Man könnte meinen, dass die besonderen Merkmale von Blackletter in die Kategorie Grafisch oder Script gehören. Blackletter basieren tatsächlich auch auf dem Schreiben mit einer Breitfeder, allerdings mit einer ganz anderen Technik: Die Feder wurde in einem steilen Winkel von 45 Grad gehalten. Daher besteht sie vor allem aus dicken, parallelen Senkrechten, mit einigen dicken und dünnen Diagonalen. Die Proportionen sind eng, wodurch der Text dicht und scharf erscheint.
Beispiele: Canterbury, Fette Fraktur, Goudy Text, Linotype Textur, Notre Dame, Old English
Gemeißelt
Im Gegensatz zu den Schriften, deren Aussehen vom Schreiben mit Stift oder Pinsel hergeleitet wurde, basieren das Aussehen dieser Schriftklasse auf Buchstaben, die in Stein geritzt oder gemeißelt wurden (vgl. Capitalis Monumentalis, Trajanssäule, Rom). Da die meisten gemeißelten Inschriften mit Großbuchstaben angefertigt werden, enthalten diese Schriften in der Regel auch nur Versalien. Einige von ihnen können gut für Text verwendet werden, die meisten eignen sich jedoch besser für Display-Anwendungen wie Poster, Verpackungen und Buchtitel.
Merkmale: Man könnte sie fast mit den kalligrafisch entwickelten Serifs verwechseln, doch die Formen der gemeißelten Schriften leiten sich von der Verwendung eines Meißels ab, mit dem die Buchstaben in Stein geschlagen wurden. In diesem Fall sind die Serifen das Ergebnis eines Handwerks und kein Gestaltungsmerkmal. Und sie sind in der Regel kleiner, manchmal sogar reduziert auf einen Einschnitt am Strichende.
Beispiele: Trajan, FS Rom, Fritz Quadrata, Albertus, FS Benjamin, Lithos, Exocet