Die neue Stimme von O₂: eine Exklusivschrift.
Paul Skerm, Creative Director, Markenagentur
Phil Garnham, Creative Type Director bei Monotype, war mit im Boot, als O₂ und deren Agentur über eine neue, maßgeschneiderte Schrift für die Telefonica-Tochter nachdachten, um O₂ zu einer modernen digitalen Marke für verschiedene Märkte weiterzuentwickeln.
O₂ ist die führende Mobilfunkmarke des in Europa und Lateinamerika tätigen Unternehmens Telefónica, die sich zum Ziel gesetzt hat, für ihre Kunden „jeden Tag besser zu machen“. Ein herausragendes Kundenerlebnis und eine klare Kommunikation soll es den Kunden ermöglichen, das Beste aus der mobilen Konnektivität herauszuholen. Deshalb ist O₂ eine Marke, bei der die geschriebene Kommunikation stark ausgeprägt ist. Auf jeder Ebene des Markendesigns spielen die Klarheit des Textes und die Menschlichkeit der Sprache eine zentrale Rolle.
Seit der Gründung von O₂ im Jahr 2002 war Frutiger die Stimme des Unternehmens. Seitdem hat sich der Mobilfunkmarkt enorm verändert, und damit auch die Werbekommunikation gegenüber den Verbrauchern. Marken passen sich immer wieder den steigenden Anforderungen der digitalen Welt an. Mit der zunehmenden Menge der Kanäle und der digitalen Berührungspunkte wächst der Anspruch an Kontinuität und Unverwechselbarkeit in allen verwendeten Medien. Die fast 20-jährige Zusammenarbeit von O₂ mit Frutiger ist ein Beweis dafür, wie universell das Konzept dieses Schriftklassikers ist – ein Design, das sich schon immer durch Klarheit auszeichnete. Als die Marke O₂ eingeführt wurde, erlebte Frutiger mit den 89 Schnitten der weiterentwickelten Next- Version gerade ihren zweiten Frühling. Doch der Erfolg hatte auch eine Kehrseite: durch ihre weite Verbreitung war Frutiger irgendwann kein unverwechselbarer Markenmacher mehr.
Als die Marke O₂ 2020 begann, ihre Zukunft neu zu definieren, wandten sie sich mit ihrer Markenagentur an das Monotype Studio, um die Optionen für eine neue Schrift zu besprechen, die eine klare und menschenzentrierte Markenstimme definieren soll. Gesucht wurde ein reduzierter und einfacher Ansatz für eine Familie, die in der Lage wäre, die wachsenden Ansprüche und Herausforderungen zu erfüllen, denen sich Marken heute stellen müssen.
O₂ ist eine Marke, die über ihren Kernmarkt hinausgeht, weil sie weit mehr als ein Telekomunternehmen repräsentiert. Heute ist O₂ eine lebensbejahende, branchenübergreifende Marke, die in den Köpfen vieler Menschen nicht nur in den Shops und online präsent ist, sondern auch Sponsor von 20 britischen Veranstaltungsorten und Unterstützer der englischen Rugby-Nationalmannschaft ist. Die O₂- Kommunikation konzentriert sich auf die menschlichen Erfahrungen, die die Technik ermöglicht, nicht die Technik selbst.
Francisco Foncea, Corporate Global Brand Manager, Telefónica
Das Projekt begann mit einem Kick-off-Meeting im Londoner Studio der Agentur, mit dem O₂-Markenteam, dem Creative Director Paul Skerm und dem Senior Creative Type Director von Monotype, Phil Garnham. Gemeinsam analysierten sie die Verwendung von Schrift über die gesamte Marke hinweg, tauchten tief in die Mobilfunkbranche ein und stellten bohrende Fragen: zum Wesen und zur Persönlichkeit von O₂, zu den Stärken und Schwächen von Frutiger, zu aktuellen Schrifttrends. Am Ende tauschte man erste Ideen aus dem Skizzenbuch aus. Die Entwicklung einer Exklusivschrift ist ein gemeinschaftlicher Prozess. Offene Gespräche im Team helfen dabei, einen Rahmen zu schaffen, der sicherstellt, dass alle Aspekte des Schriftdesigns berücksichtigt und umgesetzt werden können.
Es war von Anfang an klar, dass ein Gefühl der Offenheit und Dehnbarkeit der Schlüssel zum Erfolg der neuen Schrift sein würde. Die Kreativen spielten mit dem Thema „Sauerstoff und Atmung“ einer Schrift und entwickelten eine Reihe von Ideen, die sich auf Geometrie und Rundheit, Zugänglichkeit, Klarheit, Lebendigkeit und Wärme bezogen. Die Schrift sollte die menschliche Seite der digitalen Welt in den Vordergrund rücken. Sie bauten erste Schriftideen in Anzeigen ein, wobei Slogans wie „Breathe it all in“, „Magical realism“ oder „Priority“ verwendet und immer wieder Fragen gestellten wurden wie: ‚Fühlt sich das richtig an?‘ oder ‚Sprechen die Buchstaben O₂?‘
Am Ende standen drei Ideen im Raum die den Markenverantwortlichen halfen, das Projekt in die richtige Richtung zu bewegen. Ein Gefühl von Rundheit war wichtig, und die Buchstabenformen mussten sich offen anfühlen. Die Marke O₂ vermittelt Seelenfrieden, und deshalb sollte das Design der Familie einfach strukturiert sein. Da Frutiger allerdings über die Jahre fest mit der Marke verwurzelt war, war ein neuer, geometrischer und raumgreifender Ansatz keine praktikable Option. Bezüglich ihrer Proportionen musste die neue Schrift unternehmensweit auch in bestehenden Dokumenten funktionieren, wo Frutiger jahrelang den Rhythmus vorgegeben hat. Das Monotype-Studio mussten sowohl den sanften Schriftwechsel im Blick haben und gleichzeitig die Formen ästhetisch weiterentwickeln.
An diesem Punkt begann das Team, die neue Geometrie verbindlich zu entwickeln, wobei man die Rundungen der Buchstabenstämme und -striche genauer untersuchte. Die Designer gaben der Idee der „menschlichen Hand“ mehr Raum und betonten den kalligrafischen Einfluss, den die Abstriche der Buchstaben durch die Bewegung des Stifts erleben – asymmetrische Abschlüsse, bei denen Schreiben auf Schrift trifft. Auf diese Art ergab sich ein vorwärts gerichteter Rhythmus, der die Buchstaben weniger mechanisch wirken ließ und ihnen einen humanistischen Fluss verlieh.
Nach und nach erfüllte sich das Schriftbild mit Leben. Der Zeichensatz wuchs Tag um Tag, und das Team verbrachte viel Zeit damit, sicherzustellen, dass die Schrift beim Skalieren, bei der Lesbarkeit, der Unterscheidung und der Ähnlichkeit zur Markengeschichte keine Probleme aufwarf. Man entwickelten für fast alle Buchstaben alternative Formen, zeichneten mehrere Ziffernsätze und programmierte intelligente OpenType-Funktionen, die den Einsatz von Logos direkt aus der Fontdatei erlaubten. Danach wanderten die ersten Fontdaten zum Brand-Team, das sie auf Herz und Nieren testete.
Parallel dazu begann das Monotype Studio über die Kursiven und eine Display-Variante für Kampagnen nachzudenken. Angesichts des kalligrafischen Stils der Aufrechten bot sich die Entwicklung einer klassischen Kursiven an. Bei der Display-Schrift schwebte dem Team eine interaktive Lösung vor, die eine weitere Dimension in die Familie bringt und gleichwohl im Gleichklang mit den Grundschnitten steht. Paul und sein Team animierten eine Outline-Version der Frutiger, was sich als mühsamer Prozess herausstellte, der den Projektrahmen zu sprengen drohte. Am Ende erstellten sie aus dem Bold-Schnitt drei Outline-Versionen.
Am Ende wurde On Air eine exklusive Markenschriftfamilie mit den vier Strichstärken Light, Regular, Bold und Black, den passenden Kursiven dazu und drei Outline-Schnitten.